Konzertbericht

Dezember 2010 - Wer ist eigentlich Jupp?

Mit einer erfrischenden Mischung aus Unbekümmertheit und musikalischer Souveränität stellte Hannah Köpf im Jazzclub ihre Debüt-CD vor

 

 

Kongeniale Partner: Die Sängerin und Komponistin Hannah Köpf und Saxophonist Holger Werner. - Foto: Balzer

LIPPSTADT - Sie habe da noch eine etwas komische Frage, sagt Hannah Köpf vor dem letzten Song. Ein Freund aus dem Sauerland bringe der Band immer einen Schnaps mit, und der komme aus Lippstadt. ?Er heißt Josephs-Tropfen ? wir nennen ihn Jupp.? Ob den vielleicht jemand kenne? Zaghaft melden sich drei aus dem Publikum, dann ein paar mehr. ?Deshalb haben wir uns natürlich besonders darüber gefreut, in Lippstadt zu spielen?, versichert die Sängerin und kündigt zum Abschluss ein Lied an, das sie einer der verschrobeneren Figuren aus dem an verschrobenen Charakteren nicht gerade armen Harry-Potter-Universum gewidmet hat, nämlich Luna Lovegood (?Different?).

Diese Mischung aus erfrischender Unbekümmertheit und charmanter Versponnenheit ist typisch für den ganzen Auftritt der Hannah Köpf Band in der Werkstatt, der auch musikalisch zu den absoluten Highlights des diesjährigen Jazzclub-Programms gehört.

Die junge Sängerin ist eines der aufstrebenden Talente, denen die renommierte Zeitschrift ?Jazz Thing? eine CD ihrer Edition ?Next Generation? gewidmet hat. ?Stories Untold? heißt das Debüt, mit dem die Band zurzeit auf Release-Tour ist.

Hanna Köpf ist tatsächlich eine Geschichtenerzählerin. Mit sanfter, klarer Stimme erzählt sie in ihren Liedern von den eher schönen Seiten des Lebens, lässt sich inspirieren von dem Lieblingsmärchen, das ihre Großmutter ihr erzählt hat (?The Song that the wind sings?) oder den ausgelassenen, Verbote ignorierenden Spielen der Kindheit (?What mama said?).

Diese Themenauswahl mag man drollig finden, aber sie passt perfekt zu den Eigenkompositionen, die sich genau auf der Grenzlinie von Jazz und Pop bewegen. Die überwiegend eher ruhig gehaltenen Songs sind verträumt, aber weit entfernt von Kitsch, gleiten elegant dahin, ohne belanglos dahinzuplätschern. Nahtlos fügen sich auch die wenigen Fremdkompositionen ein, etwa der Opener ?I was brought to my senses? von Sting oder Joni Mitchells ?Big yellow taxi?, die souverän neu interpretiert werden.

So sehr die Songs von der warmen, charismatischen Stimme der Sängerin leben, so wenig ist der Auftritt eine One-Woman-Show. In Holger Werner (Saxophon, Klarinette), Benjamin Schaefer (Flügel), Jakob Kühnemann (Kontrabass) und Silvio Morger (Schlagzeug) hat Hannah Köpf vier kongeniale Mistreiter gefunden, die ihre Geschichten mit einem ebenso dichten wie fein gesponnenen Soundteppich unterlegen. In ausgedehnten Instrumentalpassagen stellen die Musiker immer wieder ihr Können unter Beweis, doch die Soli sind stets songdienlich und verkommen nie zur Nummernrevue oder zu selbstzweckhaft ausgestelltem Virtuosentum.

Es ist Musik zum Eintauchen und Zuhören, die jedoch durchaus Überraschungen zu bieten hat. Zum Beispiel wenn die Band unvermittelt mit einer ausgedehnten Irish-Folk-Einlage aufwartet, bei der Holger Werners Flötenspiel vom ausgelassenen rhythmischen Klatschen der Band vorangetrieben wird.

?Wahnsinn?, meint jemand aus dem Publikum begeistert. Wer wollte da widersprechen?

 

Quelle: ZV Der Patriot GmbH - bal

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