Konzertbericht

7.11.2019 - Novemberkozert - Symbiose aus Freigeist und Schöngeist

Es sei ein Zufall seines Lebens gewesen, dass er in Lippstadt geboren wurde, sagt Giovanni Falzone. Nur fünf Monate hat der italienische Trompeter in seiner Geburtsstadt verbracht. Dass der diesjährige "Featured Artist" des "Jazzporträts" im Rahmen des Festivals "Take Five - Jazz am Hellweg" am Donnerstag in der Jakobikirche zu Gast war, ist Initiator Uli Bär zu verdanken. Es erfülle ihn umso mehr, hier spielen zu dürfen, betont Falzone, der mit einem Konzert der besonderen Art aufwartet.

Lippstadt. Immer wieder hält er sich die Hand aufs Herz, lacht, spielt mit der Trompete, schaut nach oben. Ganz beseelt ist Giovanni Falzone von der Musik, seiner Musik, und dem Spiel der Kollegen. Immerhin ist das nicht ganz so einfach, schließlich spielt das Ensemble in der Besetzung so zum ersten Mal. Mit der gebürtigen Lippstädterin und Kontrabassistin Caris Hermes, dem Saxophonisten Matthias Nadolny, dem Pianisten Tobias Weindorf und dem Schlagzeuger Niklas Walter haben sich dort zum Teil junge Jazzer zusammengefunden, die mit Falzone ein hochkarätiges Konzert zaubern, das vor allem von seinen Kontrasten lebt. Sowohl der eigenwillige Sound Falzones als auch der "klassische" Jazz finden sich darin. Dass es bei dem vom Jazzclub und dem Musikverein gemeinsam präsentierten Konzert keine Pause gibt, ist wohl auch dem Fakt geschuldet, dass man sich in so einen Falzone hineinhören muss. Gerade seine Eigenkompositionen klingen bisweilen sehr "free" und sind nicht immer einfach zu "verstehen". Übersetzt sind es "Der Baum, der fiel" und "Haare aus Silber", mit denen der Künstler Bezug auf seine Lieblingsorte nimmt, an denen er musizieret und malt. Sie sind stark beseelt vom improvisatorischen Geist und fordern jeden einzelnen Musiker auf, sich auf fragilem Fundament vollkommen autark - fast schon mit dadaistischem Anklang - zu bewegen. Das lässt viel Raum. Der Trompeter ist voll drin in seiner Improvisation, kreist mit der Trompete, macht halbe Kniebeugen, erleichtert sich mit einem Zwischenruf. Seine Improvisation ist eher brüchig, fragmentarisch. Sie orientiert sich im Gegensatz zu den doch eher harmoniebedürftigen Pianisten und Saxophonisten nicht am gewohnt Klangschönen, sondern setzt eigenwillige Akzente. Falzone rüttelt wach, löst sich von Altbekanntem, experimentiert, eröffnet neue Klanghorizonte. Und doch finden die Musiker immer wieder zueinander, bündeln sie sich im Thema. Inspiriert von Sax-Ikone Caleb Wheeler wird es moderater. Der Rhythmus swingt, die Melodie gleitet. Caris Hermes walkt entlang ihres Bass-Steges, Walter rollt entlang seiner Drums. Wie zärtlich und in schönster, romantischer Jazz-Attitüde erklingt da die Ballade "Azure" von Duke Ellington. Alle lauschen - auch die Musiker - in sich hinein. Das ist auch bei der Zugabe "Round Midnight" von Thelonious Monk so. Ob Falzones "Hypnotic Waltz", den er für ein Theaterstück geschrieben hat oder "Evidence" von Monk: Hier wird die pure Lust an der Improvisation spürbar. Das Ensemble kreiert an diesem Abend eine gelungene Symbiose aus Freigeist und Schöngeist. In jedem Fall ganz wunderbar inspirierend. Für Giovanni Falzone, der sich am Nachmittag noch ins Goldene Buch der Stadt eingetragen hat, ist der Abend noch nicht zu Ende: Seine lang nicht gesehene Verwandtschaft wartet.

Quelle: ZV Der Patriot GmbH

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