Konzertbericht

November 2009 - Das Beste zum Schluss

Das Jazzclub-Konzert mit Francesca Simone bot einige ungewöhnliche Hörerlebnisse ? viele Stücke blieben jedoch zu blass

Francesca Simone mit ihren Mitstreitern Christoph Hillmann (Schlagzeug) und Stefan Rademacher (Bass). - Foto: Heier

Lippstadt. Das Beste kommt zum Schluss. So richtig in Fahrt kamen Francesca Simone und ihre Band im Jazzclub-Konzert in der Werkstatt bei ihrer Zugabe. Da holte Drummer Christoph Hillmann noch mal alles raus, erging sich in starken Beat-Soli, und Tom Lorenz ließ die Schlägel auf dem Vibraphon fröhlich tanzen.

Dieser Groove aber zog sich nicht durch den Abend, der unter dem Motto ?When I was young ? Songs of the 70?s? stand. Gut daran war, dass sich Simone und Band nicht zu Cover-Sklaven machten, sondern die Texte von Slade, Led Zeppelin und Nazareth dazu benutzen, den nicht mehr erkennbaren Songs einen eigenständigen Charakter zu verleihen.

Das war spannend und führte zu ungewöhnlichen Hörerlebnissen. Da musste man als Zuhörer auch mal von Gewohntem lassen, etwa von dem Gitarren-Intro und der sich steigernden Dynamik bei ?Stairway to Heaven?. Dieser Song ? stark vom Bass unterlegt ? blieb aber musikalisch mager ausgestattet, gewann nicht an Farbe und klang letztendlich monoton, so wie viele der Stücke einfach zu blass blieben.

Bei den Balladen holte Francesca Simone eindeutig auf. Hier kam ihr Alt wunderbar zur Geltung, dem sie leichtfüßige Scats und eine Interpretationsvielfalt abgewann. Doch insgesamt trug ihre Stimme nicht genug, es fehlte an Dynamik, an Spannung. Die Titel verblassten. Hinzu kam, dass die zwar stark rhythmischen Arrangements jedoch keine wirklichen Meldodiebögen besaßen.

Die Musik konzentrierte sich auf die Soli, die bei allen drei Musikern mitreißendes Improvisationstalent und Spiellust freisetzten. Stefan Rademacher lieferte nicht nur eine stoische Bassbegleitung, die die Stücke rhythmisch verankerte, sondern wechselte solistisch auch in den Genres vom Swing bis Funk. Tom Lorenz brachte mit seinem Vibraphon eine angenehm weiche Klangfarbe ins Spiel und hob das Spiel mit seinen Soli an. Hillmann erwies sich als leidenschaftlicher Percussionist, der auf eine ungewöhnliche Instrumentierung zurückgriff und die Snare-Drum mit gerollten Bambusmatten bearbeitete.

Das war kreativ, musikalisch einwandfrei ? in Teilen sogar fast schon einen Tacken zu abgefahren für diesen Abend (an dem auch viel geredet wurde), zu intellektuell mit leicht an Free Jazz angelehnten Passagen, in die man herein wachsen musste. Ein musikalisch ambivalenter Abend ? aber trotzdem schön. 

 

Quelle: ZV Der Patriot - rio

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