Konzertbericht

6.12.1988 - Bayern-Jazzbegeistert mit vitalen Rhythmen und funkensprühenden Soli

Einen Hauchderunverbrauchten FrischevergangenerJazz-Epochen brachtedas Barbara-Dennerlein-Trioaus München nach Lippstadt.

Lippstadt. Ein As zog das Team vom Lippstädter Jazzclub aus dem Ärmel zum letzten Live-Konzert des Jahres. Aus München konnte Barbara Dennerlein mit einer Trioformation gewonnen werden, die die Jazz-Lady mit ihrem unverkennbaren Sound dominiert. Aber nicht die herkömmlichen E-Piano- oder Synthi-Klänge entlockte sie ihrem Instrument, sondern die kernig rumorenden bis weich schwebenden Register der unverwüstlichen Hammondorgel machte sie sich zu eigen und sorgte für Stimmung im übervollen „Don Quichotte“ Weit verbreitet im UMusikbereich, aber auch inzwischen dort schon stark verdrängt von den chipsstrotzenden Leichtmanualen, war und ist die Hammondorgel im Jazz immer noch ein selten eingesetztes Instrument, was sich bei diesem Live Programm gar nicht so recht nachvollziehen ließ, knüpfte Barbara Dennerlein doch nahtlos an die klangliche Intensität ihres Saxophonpartners Tony Lakatosch an. Möglicherweise scheint es auch weniger eine Frage des Instruments zu sein als vielmehr der Riege der Organisten des U-Bereichs, die sich den breiteren Anforderungen des Jazz nicht stellen wollen (oder können). Barbara Dennerlein  brauchte sich da nicht hinter ihren technischen Möglichkeiten zu verstecken, konnte sie doch die ganze vitale Frische des Hammondorgelsounds mit der Sicherheit instrumentaler Virtuosität zum Klingen bringen. Das Repertoire des Trios, das Andreas Witte an den Drums komplett macht, orientiert sich an einer Mischung aus Swing, Bebop, Latin und Modem, nicht ohne auch den Blues als Hintergrund zu ver leugnen. So lag auch nichts näher, als Jazzstandards mit in sein Programm einzubeziehen wie Nummern von Dizzy Gillespie oder Chick Corea. Unisono oder dialogisch eingeführt mit Orgel und diversen Saxophonen wurden die  Kompositionen als Initialzündungen genutzt für ausgedehnte funkensprühende Solodurchgänge. Auch Eigenkompositionen von Barbara Dennerlein nahmen an diesem Abend einen breiten Raum ein wie der langsame „Bad Blues“ oder die Titel „What’s up?“ und „Straight ahead“ Letzter Titel kann gleichzeitig auch für das Motto der Musik Barbara Dennerleins stehen, die impulsiv vorwärtsdrängend einen Hauch der unverbrauchten Frische vergangener Jazzepochen hinüberkommen läßt — jenseits jeder Klangfarbenexperimente der progressiven Schiene und dafür ganz auf Rhythmus fixiert. Barbara Dennerlein, gleichfalls souverän die Riffs am Fußbaß mittragend, Tony Lakatosch, wandlungsfähig nicht nur diverse Saxophone und Midi-Blaswandler und Andreas Witte an den Drums ließen in expressiven Durchgängen die Vitalität der Musik ausleben und hatten dabei das Publikum im „Don Quichotte“ auf ihrer Seite.  

Quelle: ZV Der Patriot Archiv MB  

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