Konzertbericht

März 2009 - Musikalische Geschichten

Jasstango überzeugten in der Werkstattmit ihrem dichten, vielschichtigen Sound

Johanna Schmidt und Stefan Kremer beim Jasstango-Konzert in der Lippstädter Werkstatt. Foto: Balzer

LIPPSTADT   ?Tango, schon wieder??, mag mancher irritiert gedacht haben, als er die Ankündigung des Jazzclubs las. Schließlich hatte sich erst im Dezember die finnisch-deutsche Gruppe Saimaa in der Werkstatt ausführlich der nordischen Variante dieses faszinierenden Musikstils gewidmet, den nur Banausen für eine reine Untermalung erotisch aufgeladener Bewegungsübungen halten.Ja, in der Tat, schon wieder. Und doch auch wieder nicht. Denn das deutsch-belgische Quartett Jasstango ging bei seinem Lippstädter Gastspiel ganz eigene Wege und erinnerte eigentlich nur hinsichtlich der herausragenden Qualität an die Vorgänger. Wie Saimaa sind auch Jasstango - der Name deutet es bereits an - alles andere als Puristen.
Hauptbezugspunkt ist der Tango Nuevo von Astor Piazzolla, der mit einigen Stücken vertreten ist und dem Violinistin Johanna Schmidt außerdem die Hommage ?Fantango? gewidmet hat. Doch darüber integriert das Quartett scheinbar mühelos die unterschiedlichsten kulturellen Einflüsse in seinen Sound. Etwa bei ?Vacances?, einer musikalischen Urlaubserinnerung von Stephan Langenberg (Akkordeon und Bandoneon) im Stil eines französischen Musettewalzers, oder der mitreißenden Zugabe ?Amalia?, für die sich Kontrabassist Andr
é Klenes von spanischen und portugiesischen Klängen inspirieren ließ.
Getragen werden die Stücke von den oft schwermütigen, doch immer wieder auch unerwartet leichtfüßigen oder beschwingten Geigen- und Akkordeon/Bandoneon-Melodien. Bassist Andr
é Klenes und Schlagzeuger Stefan Kremer halten sich dagegen dezent im Hintergrund, sorgen jedoch für einen ungeheuren Groove an der Basis, der viel zum Gesamtsound beiträgt.
Die sehr dichten Kompositionen wechseln oft mehrfach Tempo und Stimmung. Manche erzählen regelrechte Geschichten, wie das sehr atmosphärische ?Transat?, das die Zuhörer mit an Bord eines luxuriösen Ozeandampfers zu Beginn des 20. Jahrhunderts nimmt, Meeresrauschen und Mövengeschrei inklusive.
Jasstango spielen sehr dichte, intensive Musik zum Zuhören (was einige im Publikum freilich nicht daran hindert, hemmungslos drauflos zu quasseln), anspruchsvoll, aber nie akademisch. Entsprechend begeistert bedankten sich die Zuhörer bei den vier Künstlern, die sich nur bei den Zugaben etwas knausrig zeigten. Eine zweite hätte es schon sein können.

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