Konzertbericht

Januar 2013 - Eingängige Harmonien

Die Talking Cows stehen für gut gepflegten Jazz mit eingängigen Melodien. Aber die Band spielt auch mit der Musik und wagt bisweilen wilde Improvisationen.  -  Foto: Heier

Quelle: ZV Der Patriot GmbH - rio

Lippstadt - Eine Handvoll niederländischer Bauern ist überzeugt davon, dass Kühe mehr Milch geben, wenn sie Jazz hören. Das haben sie selbst im Stall getestet und zwar mit der Musik von den Talking Cows. Wenn Kühe sprechen könnten, würden sie dem niederländischen Jazzquartett vermutlich vor Freude um den Hals fallen. Diese Anekdote über sich gab jetzt die Band zum Besten.

Am Donnerstagabend jedenfalls bereitete es beim Auftakt-Konzert des Jazz-Clubs zum neuen Jahr in der Werkstatt dem Publikum große Freude. Es sorgte mit lässigem Jazz für entspannte Stimmung und führte vor Augen, dass man mit ein wenig Spaß angenehmer durchs Leben geht.

Seit sieben Jahren touren Robert Vermeulen (Piano), Frans Vermeersen (Saxofon), Dion Nijland (Kontrabass) und Yonga Sun (Schlagzeug) zusammen durch die Welt mit Eigenkompositionen, die dem traditionellen Jazz angelehnt sind.

Es ist ein gut gepflegter Jazz, mit eingängigen Melodien und Harmonien. Aber es ist noch viel mehr. Schnell merkt man, dass hier eine besondere Auseinandersetzung mit der Musik stattfindet. Die Talking Cows spielen mit ihr. Immer wieder wechseln sie innerhalb eines Stücks den Beat, werfen sie sich die Soli zu, führen sie musikalische Dialoge, phrasieren und improvisieren sie. Selten versteht man akustisch die Ansage des nächsten Stücks, aber das ist gar nicht so wichtig, denn gleich mit dem ersten Takt geht es wieder in medias res.

Und das können durchaus schon mal sehr freie, bisweilen wilde Improvisationen sein, die die Musiker voller Leidenschaft und mit Hingabe an ihren Instrumenten zeigen. Die reizen sie technisch aus. Vermeersen fordert das Holzblättchen an seinem Mundstück heraus, er lässt es quietschen und tief vibrieren. Nijland schrummelt wild auf den Basssaiten, Sun demonstriert am Schlagwerk mit Tom Tom und Glöckchen eine fein abgestimmte Percussion und Vermeulen gibt am Klavier den Melody-Maker, der die Band wieder zurück zum Thema holt. Aber die Jungs können auch langsam. Blues und balladeske Melodien gehören ebenso zum Repertoire sowie - ein Titel soll dann doch genannt werden - ?Gig for Ghana?. Auch wenn dieser letztlich nie stattgefunden hat, weil die Band einer Aufschneider-Agentur aufgesessen war, so ist die staccatohafte, an afrikanische Rhythmen angelehnte Komposition von Vermeulen, die an eine vorbeiziehende Karawane erinnert ein Vorzeigestück der Band, die den humorvollen Umgang der Musiker mit der Tradition und die Verknüpfung dieser mit einem ganz eigenen Charakter zeigt. In Afrika waren sie zwar noch nicht. Meistens geht es ins nahe gelegene Ausland, aber auch Russland und Thailand standen schon einmal auf dem Plan. Nach der dritten CD nun fühlen sich die Musiker reif, die internationalen Festivalbühnen zu erobern. Wer so viel Gutes zu bieten hat und dabei so lässig bleibt, dem gelingt das garantiert.

Archiv