Konzertbericht

Februar 2011 - Ungeheuer dynamisch

Tango Transit begeisterten im Jazzclub mit einer mitreißenden Mischung aus Tango und Jazz Gingen völlig in ihrer Musik auf: Martin Wagner (Akkordeon) und Hanns Höhn (Kontrabass).

LIPPSTADT. Die Schießbude steht ganz vorne am rechten Bühnenrand. Eine ungewöhnliche Position, muss sich der Schlagwerker doch fast immer mit einem undankbaren Plätzchen im Hintergrund zufriedengeben. Nicht so bei Tango Transit. Schon durch die eher ungewöhnliche Aufstellung im leichten Halbrund signalisiert das Trio, wie gleichermaßen wichtig alle drei Musiker für den Sound sind. Eine Behauptung, der Martin Wagner (Akkordeon), Hanns Höhn (Kontrabass) und Andreas Neubauer (Drums) mit dem Opener ?Busy Waiting? gleich Taten folgen lassen. Selten sieht man eine Band, bei der alle Mitglieder so perfekt miteinander harmonieren, ohne ihre eigene musikalische Individualität dabei verleugnen zu müssen. Auf dem Programm steht Jazztango. Ein ausgesprochen vielseitiges Genre, wie gerade die Konzerte des Lippstädter Jazzclubs immer wieder bewiesen haben, reicht die Bandbreite doch von Verbeugungen vor dem argentinischen Tango Nuevo bis zum melancholischen Finnentango. Tango Transit zieht es eher nach Südamerika. Gerade in den ersten Stücken wie der ausufernden, von zahlreichen Stimmungswechseln lebenden ?Suite? ist der Einfluss von Übervater Astor Piazzolla deutlich hörbar. Doch darauf lässt sich der bei aller Vielseitigkeit erstaunlich homogene Sound von Tango Transit nicht reduzieren. Das folgende, gänzlich tangofreie ?Fat Cat? etwa ist eine Verbeugung vor dem Rhythm-and-Blues-Sänger und -Pianisten Professor Longhair, während ?Night in Egypt? orientalische Klänge aufgreift, ohne dabei in musiktouristischen Klischees hängen zu bleiben. ?Vienna April? schließlich kommt als ziemlich schräger, leicht augenzwinkernd servierter Walzer daher. Das Spiel des Trios ist dabei ungeheuer dynamisch, wechselt nahtlos von sehr atmosphärischen, lyrischen Passagen zu mitreißendem Groove. Komponist aller Stücke ist Martin Wagner. Während er völlig in seinem Spiel versinkt, wird sein Körper von nervöser Energie durchpulst. Selbst auf dem Hocker sitzend, scheint er ständig in Bewegung zu sein. Obwohl sein Akkordeon den Sound maßgeblich bestimmt, ist Tango Transit alles andere als eine Soloveranstaltung. Hanns Höhn scheint fast in seinen Bass hineinzukriechen, während er mal filigrane Soundteppiche webt, mal sein Instrument wie eine Mandoline oder eine galoppierende Rhythmusgitarre klingen lässt. Motor des Trios ist Andreas Neubauer, in seiner Vita ein Grenzgänger zwischen Jazz und Pop, der für den treibenden Groove verantwortlich ist, mit Besen und bloßen Händen aber auch immer wieder atmosphärisch dichte Klangbilder erzeugt. Doch nicht nur auf der Bühne stimmt die Chemie. Das Publikum in der sehr gut besuchten Werkstatt ist vom ersten Stück an schlicht hingerissen und entlässt die Band erst nach zwei Zugaben.

Quelle: ZV Der Patriot GmbH - bal

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