Konzertbericht

7.12.2017 - Dezemberkonzert - „Ein Monsterstück“

Die beiden Saxophonisten der Vibration Society, Christian Daniels und Ulli Stemmeler, in Aktion.    Foto: Heier

Lippstadt. „Das war ein wahnsinniger Improvisator, der den Moment gelebt hat“, schwärmt Pianist Guido Schlegel von dem Jazz-Saxofonisten Roland Kirk. Zusammen mit seinem Musikschul-Kollegen Ulli Stemmeler hat er schon vor zwölf Jahren die Musik des in jungen Jahren erblindeten Jazz-Musikers der Öffentlichkeit vorgestellt. Am Donnerstagabend gab es beim Jazzclub-Konzert in der Lippstädter Musikkneipe Werkstatt mit dem Roland-Kirk-Projekt Vibration Society ein Wiederhören.

Der im Alter von 41 Jahren verstorbene Kirk ist einer der originellsten Saxophonisten gewesen, hat unendlich viele Titel komponiert und auf mehreren Saxophonen gleichzeitig gespielt. „Es sind (Kirk)-Standardwerke, die wir für uns arrangiert haben und mit denen wir den musikalischen Geist Kirks vermitteln möchten“, erklärt Saxophonist Ulli Stemmeler, der die von Guido Schlegel arrangierten Stücke ankündigt.

Dem freien Improvisations-Geist Kirks frönt das durch Christian Daniels (Saxophon), Max Ziegler und Manfred Jäger (Bass) vervollständigte Quintett gleich in den ersten Stücken, in „Things I Love“, das auch Caterina Valente gesungen hat oder „Yesterdays“. Es geht rauf und runter in den Scales. Daniels und Stemmeler wetteifern auf ihren Instrumenten, manchmal auch gerne außerhalb der eigentlichen Tonart, phrasieren und finden immer wieder zum starken Thema zurück. Stemmeler wechselt vom Bariton- aufs Tenor- oder Sopransax.

Während er mehr mit dem Free Jazz anbandelt, setzt Daniels eher auf melodienstarke Improvisationen, was sich besonders in den Soul-Balladen wie „Portrait of Those Beautiful Ladies“ — einem „Monsterstück mit vielen Noten“ (Stemmeler) — zeigt. Daniels ist eher der „Melody Maker“, er gibt den Tönen Länge, akzentuiert und gleitet von einem Ton zum nächsten in bester Sax-Manier. In dem in der Terz gehaltenen Thema finden beide wieder zusammen. Das hat Soul, es macht den Sound eingängig.

Auch dies ist eine Idee des Arrangeurs Schlegel, der sich in Balladen wie „Aluminum Baby“ melodischen Improvisationen hingibt. In dem Walzer „Some Kind of Love“ vollführen Stemmeler und Daniels einen Dialog der alten Kannen, um gleich darauf im flinken Rhythmus das virtuose Spiel auf den Klappen zu zelebrieren.

Das Publikum honoriert diesen ausgezeichneten Jazz, der von so leidenschaftlichen Musikern vorgetragen wird. Eine Fortsetzung wäre toll.    rio

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