Konzertbericht

2.4.2015 - Aprilkonzert - Verträumter Großstadt-Jazz

LIPPSTADT - Erst die verstopfte Autobahn, dann ein Stromausfall auf der Bühne und dann auch noch ein angeschlagener Schlagzeuger, dem es kurz vor dem Gig wirklich nicht gut ging ? trotz all dieser Widrigkeiten hielt das Stephan Becker Trio an seinem Jazzclub-Konzert in der Lippstädter Musikkneipe Werkstatt stoisch fest und meisterte einen Abend, der seinem Publikum viele kleine musikalische Erlebnisse bescherte. Das verdient Respekt.

Stephan Becker (Piano), Thomas Esch (Schlagzeug) und Stefan Rey (Kontrabass) sind jene drei deutschen Eichen, die neben Standhaftigkeit auch wahre Leidenschaft zu ihrer Musik beweisen und mit ihr gleichzeitig ein Zeugnis feinsinniger Musikalität ablegen. Nach 2012 ist das Trio zum zweiten Mal zu Gast in Lippstadt und legt Titel aus seinen ersten beiden Alben und der dieser Tage erscheinenden aktuellen CD ?Algorithm? vor.

Oft trifft der verträumte Großstadt-Jazz auf einen Hauch Melancholie. Becker vermengt in seinen Kompositionen Elemente des Funk und Hip-Hop mit denen des traditionellen Jazz. Aus Stücken wie ?Taste of Time?, ?Virtual Vanity? oder ?First Day of Spring? entwickeln sich romantische Balladen und gefällige Jazz-Melodien, die so farbenprächtig und voller überraschender Momente sind wie die Bilder eines Kaleidoskops. Oft ist es ein Spiel der eher leisen, aber kraftvollen und akzentuiert gesetzten Töne, das Aufmerksamkeit erregt.

In ?Seaventure? nimmt das Spiel an Windstärke zu, verleitet der vom quirligen Kontrabass gespielte, basslastige Groove zum Mitwippen, wird ein sattes Thema variantenreich umspielt. Panta rhei ? alles fließt: Heraklits philosophische Kurzformel könnte man auch die Stücke übertragen, die wellenartig mit fein gesetzten Höhepunkten und wendigen Improvisationen stets eine neue Klangfarbe entfalten.
Die Musiker kreieren neue Klangmomente. Ihr nuancenreiches Zusammenspiel und differenziertes Solospiel lassen aufhorchen. Eigenkompositionen haben ihre Entstehungsgeschichte und Bedeutung. So sind zum Beispiel ?Elegy for a Young Legend? und ?Cooking Queen? Amy Winehouse bzw. Beckers Ehefrau gewidmet.

Das Ensemble ist wohl gerne in Bewegung und lässt sich auch gern inspirieren. Mit Kenny Wesley hat das Kölner Trio bald einen vielversprechenden Jazz-Sänger an Bord, der für neue Überraschungsmomente sorgen wird. Man darf gespannt sein. - rio

Quelle: ZV Der Patriot GmbH

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