Konzertbericht

6.3.1990 - »Sun Bear« gab im Jazzclub excellente Visitenkarte ab

Jazz mit „Sun Bear“ macht Spaß, auch den Musikernselbst (v. r.): Dieter Hermes, Jürgen Khautz, Dirk Seilerund Detlev Poppenburg beim März-Konzert des Lippstädter Jazz-Clubs im „Don Quichotte“

Lippstadt. „Seit gestern“, lauteteverschmitzt die Antwort des Lippstädter Jazz-Musikers Dieter Hermes auf die interessierte Anfrage, wie lange man denn in einer Formation zusammen spielen muß, um ein derart reifes musikalisches Produkt abliefern zu können, wie es ihm jetzt im Jazzclub mit der Band „Sun Bear“ gelungen ist. Gemeinsam mit dem Münsteraner Gitarristen Detlev Poppenburg, Jürgen Knautz am Baß und Dirk Seiler am Schlagzeug hatte der Lippstädter Vollblut-Jazzer in zwei Sets ein spannendes und faszinierendes Kaleidoskop moderner Jazz-Musik entstehen lassen und damitdie zukünftige Reihe der Donnerstags-Live-Konzerte des Jazzclubs im „Don Quichotte“ mit einer Spitzenleistung angeführt.  „Tatsächlich sind wir mit ,Sun Bear’ in dieser Besetzung erst seit einem Tag zusammen, denn unser bisheriger Drummer Jochen Welle ist ganz kurzfristig durch Krank heit ausgefallen“ teilte Detlev Poppenburg ergänzend mit. Aller dings brachte man es kaum über die Lippen, Dieter Seiler als „Ersatzmann“ zu bezeichnen. Wer durchdachte und komplizierte Rhythmus-Arrangements und atemberaubende Soli liebt, für den ist der junge Dieter Seiler aus dem Großraum Köln eine kaum faßbare Wirklichkeit. Einen glänzenden Eindruck sowohl im Zusammenspiel als auch als „Einzelkämpfer“ hinterließen  auch Detlev Poppenburg, der zweite Motor der Band, und Bassist Jürgen Knautz. Und natürlich Dieter Hermes am Tenor und Sopransax, Baßklarinette und (leider selten) am Synthesizer. Mit seinen Holzblasinstrumenten bildete der Lippstädter fast allein eine Front linie und hinterließ besonders am Tenorsax seine unverwechselbare Handschrift. Nach einem zweieinhalbstündigen Programm mit „Sun Bear“ konnte man sich eigentlich nur wünschen, daß die vier Jazzer entweder noch lange zusammenbleiben oder aber möglichst schnell ein Plattenstudio aufsuchen. Ein Bonbon der gänzlich anderen  Art brachte der Kölner Saxophonist Joachim Zoepf mit in den JazzClub. Dem Kölner, der zu den besten bundesdeutschen Musikern am Sax gezählt wird, gehörte die Bühne des „Don Quichotte“ zu Anfang des März-Konzerts. Für viele Zuhörer war es ein eher saures Bonbon, denn der Künstler präsentierte ein Solo-Programm, mit dem man sich in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nur schwer anfreunden konnte. Atonale Klanggebilde, quäkende Überblastechniken und Spielereien an den Instrumentenklappen trieben nicht wenigen den Ausdruck der Ratlosigkeit ins Gesicht. Die mit Titeln wie „Elements, aus der Reihe ,Die Enten am Teich’“ überschriebenen Collagen und Figurationen sollten natürlich nicht „gefallen“ oder „ins Ohr gehen“ wie Dixielands Ice-Cream. „Mit meiner Musik möchte ich zum Nachdenken anregen über die vielzüngige Politrhetorik, die ich zu imitieren suche, und über das politische Zeitgeschehen allgemein“ erläuterte Joachim Zoepf nach seinem Auftritt im Gespräch mit Lippstädter Jazzfreunden.

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